Förderung der Schreibkompetenz und des wissenschaftlich kritischen Denkens in naturwissenschaftlichen Laborpraktika. LabWrite, ein interaktives eLearning-tool zur Protokollerstellung

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Aus der Reihe

Schriften zur Hochschuldidaktik. Beiträge und Empfehlungen des Fortbildungszentrums Hochschullehre der Friedrich-­Alexander Universität Erlangen-­Nürnberg.

Kerrin Riewerts, Universität Bielefeld

Quelle

Riewerts, K. (2013). LabWrite – das Wiki für einfach bessere Protokolle. In: Barnat, M., Hofhues, S., Kenneweg, A. C., Merkt, M., Salden, P. & Urban, D. (Hrsg.): Junge Hochschul- und Mediendidaktik. Forschung und Praxis im Dialog. Hamburg. ISSN: 2192-1466  http://www.hochschullehre.org/?p=418

Problembeschreibung / Zieldefinition

Ein experimentelles Laborpraktikum stellt in vielen naturwissenschaftlichen Studiengängen einschließlich der Biologie einen wesentlichen Teil des Studiums dar. Im Rahmen des Praktikums sollen sich die Studierenden auf die Experimente schriftlich vorbereiten, diese durchführen und die von ihnen erhobenen Daten schriftlich auswerten.
Das schriftliche Formulieren von wissenschaftlichen Vorgängen erfordert bei den Studierenden einen hohen Grad an Schreibkompetenz. Das interaktive eLearning-tool LabWrite soll die Studierenden unterstützen, wissenschaftliches kritisches Denken zu entwickeln und eine produktive Verbindung zwischen Schreiben und Lernen zu knüpfen.

Herangehensweise / Lösungsansatz

Das Programm LabWrite unterstützt und begleitet die Studierenden über das gesamte experimentelle Praktikum hinweg. Es ist in vier Phasen gegliedert:

Phase 1: PreLab

Zur Vorbereitung auf das Praktikum sollen sich die Studierenden zunächst auf die Experimente, bzw. auf die damit zu bearbeitenden Fragestellungen vorbereiten und beispielsweise Hypothesen formulieren.
Beispiel-Aufgabe aus der Physik: „Zur Einarbeitung in diesen Versuch sollten Sie neben den allgemeinen Kenntnissen der klassischen Mechanik, Elektrostatik und -Dynamik vor allem folgende Punkte vertiefen…“
PreLab unterstützt diese Phase durch einen Fragenkatalog, der die Studierenden zum selbstständigen Lernen anregt: Es ermutigt die Studierenden, sich mit dem Konzept des Experiments auseinanderzusetzen und regt das wissenschaftliche Denken an. Das Programm bietet dazu unterschiedliche Fragenkataloge je nach Art der Versuchsplanung an (Standardversuch, deskriptiver Versuch und selbst-geplanter Versuch). Durch die intensive Vorbereitung können die Studierenden schon vor der eigentlichen Arbeit im Labor frühzeitig Verständnisprobleme oder Fehlvorstellungen identifizieren.

Phase 2: InLab

Während der Laborphase werden die Studierenden durch InLab dabei unterstützt, ihre erhobenen Messwerte und Daten strukturiert zu sammeln und zu analysieren.
Beispiel-Aufgabe aus der Physik: „Messen Sie die magnetische Flussdichte B in der Mitte einer langen Spule, in dem Sie zwei Spulen so dicht wie möglich zusammenschieben.“

Phase 3: PostLab

PostLab unterstützt die Studierenden dabei, ihr Auswertungsprotokoll Abschnitt für Abschnitt aufzubauen. Die einzelnen behandelten Abschnitte sind:

  • Material und Methoden (aufbauend auf PreLab)
  • Ergebnisse (aufbauend auf InLab)
  • Schlussfolgerungen (ebenso)
  • ggf. Zusammenfassung

Beispiel-Aufgabe aus der Physik: „Stellen Sie Ihre experimentellen und Ihre berechneten Werte grafisch dar und interpretieren Sie diese.“
Der Aufbau des Auswertungsprotokolls ist analog des wissenschaftlich kritischen Denkens (Aufstellen einer Hypothese, Sammeln und Auswerten von Daten zur Überprüfung der Hypothese, Präsentation der Daten und Rückschluss auf die Hypothese), sodass die Studierenden dabei unterstützt werden, sich durch eigenes aktives Forschen ein Verständnis von Wissenschaft zu erarbeiten.

Phase 4: LabCheck

Im letzten Schritt vor Abgabe des Protokolls überprüfen die Studierenden ihre Arbeit selbstständig in LabCheck und können so ggf. Fehler bereits vor der Abgabe korrigieren.

Aufwand

Das interaktive eLearning-tool LabWrite steht kostenlos nutzbar im Internet unter http://labwriteunibielefeld.weebly.com/ zur Verfügung. Die bereitgestellten Informationen sind dabei so detailliert, dass Studierende sich den Umgang mit dem Programm auch selbst aneignen können.
Die Lehrenden erhalten didaktische Hinweise zur Implementation des Programms in die Lehrveranstaltung. Den Lehrenden sowie den Tutorinnen und Tutoren werden Checklisten zur transparenten Bewertung der Protokolle der Studierenden zur Verfügung gestellt.
Eine Einarbeitung in das Programm LabWrite ist auch für die Lehrenden erforderlich. Dies wird jedoch durch eine effektivere Korrektur der Protokolle anhand der Checklisten zur Bewertung der Protokolle aufgewogen.

Art der Evaluation, Erfolgsfaktoren und Resultate

LabWrite wurde zunächst in einer Veranstaltung des Fachbereichs Biologie der Universität Bielefeld im WS 2011/12 durch eine Umfrage unter den Studierenden evaluiert. Die Hälfte der Studierenden, die LabWrite eingesetzt haben, gab an, dass sie LabWrite sehr hilfreich fanden und es weiterhin anwenden wollen. Die andere Hälfte gab an, keine weitere Unterstützung beim Abfassen von Protokollen zu benötigen, da ihnen dies keine Probleme bereite.
Eine interne Kontrollgruppenstudie zeigte daraufhin, dass Studierende, die LabWrite benutzten, signifikant effektiver lernen als Studierende, die herkömmliche Anleitungen zum Schreiben des Protokolls verwendeten.
Die Studierenden erarbeiten sich aus didaktisch-methodischer Sicht durch die programmierten Unterweisungen des Programms sowohl den Lehrstoff des Experiments, als auch wissenschaftlich kritisches Denken. Die Annährung an dieses Ziel über viele Teilaufgaben (Fragen, die vom Programm gestellt werden) sorgt bei den Studierenden für Motivation, aber auch Durchhaltevermögen beim Experimentieren und der Auswertung und trägt damit zu einem Erfolg des Laborpraktikums bei.

Empfehlungen

Aufgrund der hohen Akzeptanz auf Seiten der Studierenden, Lehrenden und der Tutorinnen und Tutoren empfehlen wir einen Einsatz des Programms in naturwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen mit Laborpraktikum. Die Einsatzoptionen können dabei durch Lehrende sowie Tutorinnen und Tutoren nach Bedarf variiert werden.

Verallgemeinerbarkeit

Das Programm LabWrite ist in der Form seiner Anwendung sehr allgemein gehalten und kann damit auf viele naturwissenschaftliche Lehrveranstaltungen mit Laborpraktikum verallgemeinert werden.