Stefan Hofer-Krucker Valderrama & Rémy Kauffmann: Neue Medien – neuer Unterricht?

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Rezensentin:
Ramona Zacherl, FBZHL
Originalliteratur:
Stefan Hofer-Krucker Valderrama & Rémy Kauffmann: Neue Medien – neuer Unterricht? Berlin, hep Verlag 2019, ISBN 978-3035514872, 264 Seiten, EUR 24,00.
Quelle der Rezension:
Wilbers, Karl (Hrsg.): Handbuch E-Learning. 84. Erg.-Lfg. April 2020 www.personalwirtschaft.de/elearning


Wie können neue digitale Möglichkeiten genutzt werden, um Bildungsprozesse ganzheitlich zu fördern und Schüler*innen auf die digitale Ausbildungs- und Berufswelt vorzubereiten? Zur Beantwortung dieser Frage haben die schweizerischen Geistes- und Kulturwissenschaftler Stefan Hofer-Krucker Valderrama und Rémy Kauffmann ein sehr verständlich geschriebenes Praxishandbuch vorgelegt, das Lehrerinnen und Lehrer dazu ermutigen soll, sich auf die Digitalisierung einzulassen, anstatt diese als Bedrohung zu fürchten.
Beide Autoren sind als Gymnasiallehrer tätig, engagieren sich in der universitären Lehrer*innenausbildung und führen Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte zum Thema digitale Medien durch. Ihre hier vorgestellte Handreichung von Lehrkräften für Lehrkräfte ist somit direkt aus der Praxis des Schulunterrichts entstanden und soll greifbare Ideen zur Digitalisierung der eigenen Lehre vermitteln. Hierfür wählen sie einen pragmatischen Ansatz, der weitgehend ohne theoretische und konzeptionelle Ausführungen auskommt. Primäres Ziel soll es sein, Lehrer*innen aus ähnlichen schulischen Kontexten dabei zu helfen, die Digitalisierung als Chance zu erkennen, aus den eigenen Unterrichtsroutinen auszubrechen.
Das Buch gliedert sich in vier inhaltliche Kapitel und wird sowohl durch fiktive Lehrerzimmergespräche als auch zwei sogenannte Intermezzos erweitert. Im ersten Intermezzo wird die Sicht der Schüler*innen auf die Digitalisierung des Unterrichts beschrieben, im zweiten werden Erkenntnisse der Lehr-Lern-Forschung dargelegt, aus denen die Gelingensbedingungen für erfolgreiche Lehr-Lern-Settings (z.B. Feedback, häufige kognitive Aktivierung, Motivation) abgeleitet werden. Zur Förderung der spezifischen Schlüsselqualifikationen für das 21. Jahrhundert beziehen sie außerdem das 4K-Modell (Kommunikation, Kreativität, Kollaboration, Kritisches Denken) ein und erläutern, inwiefern die Charakteristika digitaler Medien zum Aufbau genau dieser Kompetenzen beitragen können.
Konkret gestaltet sich das folgendermaßen: Im ersten Kapitel werden genereller Nutzen und Mehrwert digitaler Medien im Unterricht diskutiert. Im zweiten Kapitel werden eingangs schulische Alltagsszenarien skizziert. Diese – teils analogen, teils rudimentär digitalen – Szenarien werden aufgegriffen und durch den stärkeren Einsatz kostenfreier Web-2.0-Anwendungen variiert dargestellt. Neben jeder Variation ist mithilfe eines Icons visualisiert, welcher Faktor des 4K-Modells dadurch gestärkt wird, bzw. an welches Element erfolgreichen Lernens angeknüpft wird. Im dritten Kapitel folgen erweitere Szenarien für produktorientierten Unterricht, die auf einer intensiveren Nutzung digitaler Medien und der noch aktiveren Einbindung der Lernenden basieren. Im vierten Kapitel werden schließlich grundsätzliche, durch die Digitalisierung ermöglichte Veränderungspotentiale der Schule aufgezeigt. So wird ein Entwurf der Schule als Kompetenzzentrum des Wissens und Lernens erarbeitet. Diese Vision wird anhand der fünf Parameter schulisch organisierten Lehrens und Lernens (Ort, Zeit, Inhalte, Medien, beteiligte Menschen) durchdekliniert. Im Anhang stehen dann unter anderem handfeste Tipps wie sich der eigene Unterricht schrittweise digitaler gestalten lässt.
Die Autoren liefern mit diesem Handbuch wertvolle Anregungen für die digitale Anreicherung von Lehr-Lern-Arrangements, ohne die technischen Aspekte der zur Verfügung stehenden Tools und Applikationen zu sehr in den Fokus zu rücken. Insgesamt handelt es sich um ein vielfältiges Nachschlagewert, das vor allem im schulischen Bereich kreative Impulse für experimentierfreudige Lehrende liefern kann. Wünschenswert wären lediglich ergänzende Ratschläge für eine Umgestaltung der Leistungsfeststellung gewesen, um die durch die innovativen Formate geförderten Kompetenzen sinnvoll und stimmig abprüfen zu können.