Michael Kerres: Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote.

Rezensent: Dr. Dirk Jahn
Quelle: Wilbers, K. (Hrsg.): Handbuch E-Learning. www.personalwirtschaft.de/elearning
Originalliteratur: Kerres, Michael: Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote. 3. vollständig überarbeitete Auflage.  München (Oldenbourg Verlag) 2012, ISBN 978-3486272079, 543 Seiten, EUR 49,80.
Die Planung und Entwicklung von digitalen Lernangeboten ist eine diffizile und komplexe Angelegenheit. Das beginnt bereits mit der Frage, ob überhaupt in einem bestimmten Lernkontext E-Learning eingesetzt werden sollte und wenn ja, welche Medien und Lernarrangements für welche Lernziele genutzt werden sollten. Auf dem Marktplatz des computergestützten Lernens und Lehrens sind dabei ganz unterschiedliche Stimmen zu vernehmen: Auf jeden Fall! bekräftigten da überzeugte E-Learningbefürworter wie etwa Lernsoftwareanbieter, denn E-Learning sei günstiger, unterhaltsamer, innovativer und einfach effektiver als tradierte Formen des Unterrichtens. Keineswegs! rufen die E-Learningskeptiker und mahnen an, dass das Lernen mit dem Computer zur Vereinzelung der Lernenden und zur Verflachung des Wissens und Könnens führe. Auch auf die Frage hin, wie denn Lernsituationen mit E-Learning konkret zu gestalten seien, erklingen viele und teilweise widersprüchliche Antworten.
Michael Kerres, Professor für Mediendidaktik und Wissensmanagement, wird nicht müde darin, derartige Fragen im Lichte verschiedener Forschungsperspektiven zu klären: In der überarbeiteten Auflage seines Werkes „Mediendikatik“ führt er gründlich und umfassend in die Grundlagen des Lehrens und Lernens mit Medien ein.
Der Planung und Umsetzung von mediengestützten Lernangeboten wird dabei besonderes Augenmerk geschenkt, sei es auf wissenschaftlich-theoretischer aber auch auf pragmatisch-praktischer Ebene. Das Werk richtet sich somit an einen breiten Adressatenkreis, angefangen bei Lehrenden über Entwickler von Lernmedien bis hin zu Verantwortlichen in Bildungseinrichtungen und Unternehmen, die Lernmedien bzw. computergestützte Lernarrangements einführen möchten.
In dem ersten Abschnitt des Buches diskutiert Kerres den (Mehr-)Wert des Lernens- und Lehrens mit digitalen Medien anhand verschiedener Forschungsstränge kritisch und zeigt auf, welche Möglichkeiten hier bestehen. Mediengestütztes Lernen kann „selbstgesteuert“ stattfinden, aber auch durch Instruktion gelenkt und/oder in einem sozialen Kontext „mit Anderen“ geschehen. Grundlegende Theorien und Modelle der Lern- und Sozialpsychologie, der Informatik, der Pädagogik oder aber auch der Betriebswirtschaftslehre werden als Hintergrundfolien dazu jeweils erläutert.
Im anschließenden Abschnitt des Werkes werden die Schritte der Planung und Entwicklung von Lernmedien bzw. Lernsituationen ausführlich vorgestellt. Dazu gehören unter anderem die Diskussion didaktischer Modelle zur Planung von Lernsituationen, Überlegungen zur Auswahl didaktischer Methoden, die Ausgestaltung der Lernorganisation usw. Jedes der Kapitel beginnt mit einer kurzen Übersicht in der auch Lernziele zur Orientierung angeboten werden.
Am Ende warten auf den Leser bzw. auf die Leserin neben Zusammenfassungen auch verschiedene Anwendungsaufgaben, in denen das Wissen rekapituliert und kreativ in Fallsituationen angewendet werden muss. Das Werk schließt mit einer erweiterten Version des „Leitfadens zur mediendidaktischen Konzeption“,  der sich gerade für die praktische Umsetzung in Projekten und Betrieben als nützlich erweisen kann.
Fazit: Kerres Werk zeichnet sich neben der gründlichen, praxisrelevanten und vielseitigen Diskussion der verschiedenen Möglichkeiten des Lernens mit (digitalen) Medien und deren Gestaltung vor allem dadurch aus, indem es eine klärende Botschaft transportiert: Didaktisch denken bedeutet in Relationen zu denken – im Sinne der Analyse von didaktischen Bedingungs- und Handlungsfeldern und deren Zusammenspiel. Für jeden Lehr-Lern-Kontext muss eine passsende Lösung gefunden werden.
Für die eingangs aufgeworfenen Fragen bedeutet das: Nicht die Technik an sich bzw. das „von vorneherein überlegene“ Lernmedium machen gelingendes Lernen im Grunde aus, sondern es sind stimmige didaktische Konzepte, die das Gelingen maßgebend bedingen. Sie müssen durch analytisches, kontextsensitives Denken, Planen und Erproben jeweils neu hervorgebracht werden. Das Buch ist für das gelingende „Hervorbringen“ didaktischer Konzepte für Lehrende eine große Hilfestellung.